Kinder, Smartphones und andere Herausforderungen

Dieser Gastartikel wurde von Pascal & Beatrice Grosjeans verfasst. Sie sind beide gebürtige Schweizer, leben aber seit mehreren Jahren in Deutschland und sind dort im Gemeindebau tätig. Pascal ist Pastor und zusammen haben sie vier Kinder.


Kindern den Umgang mit Medien und insbesondere dem Smartphone beizubringen, ist heutzutage wohl eine der grössten Herausforderungen in der Erziehung. Viele Eltern sind damit überfordert, weil sie ohne diese Geräte gross geworden sind. Viele aus unserer Generation haben sie sich erst als Erwachsene gekauft.

Eines der Bücher, welches uns in unserem Verständnis der unterschiedlichen Phasen in der Kindererziehung weiter geholfen hat, heisst „The Disciple Making Parent“ (Die Jünger-Machenden Eltern) und ist bis heute leider nur in englischer Sprache erhältlich (siehe Buchempfehlung am Ende dieses Artikels).

Dieses Buch hat uns unter anderem nahe gelegt, dass man die Zeit der Kindererziehung am besten in zwei Phasen aufteilen kann:

  1. Die ersten zwölf Jahre nennt er die „Jahre der Belehrung“. Die Jahre, in denen die Kinder in erster Linie belehrt werden. Das Motto lautet: Lehren, lehren, lehren, erziehen und trainieren.
  2. Ab dem dreizehnten Lebensjahr beginnen dann die „Jahre der Jüngerschaft“ unserer Kinder. Ungefähr ab diesem Alter wächst ihr Verständnis in vielen Bereichen des Lebens und unsere Aufgabe ändert sich langsam aber sicher vom „nur befehlen“ ins „beraten“. Wir müssen ihnen beibringen, wie man gute Entscheidungen trifft, gute Freundschaften mit gottesfürchtigen Menschen entwickelt und allgemein im Prozess des „Erwachsen-werdens“ voranschreitet.

Allgemein konnten wir in unserem Gemeinde, Familien- und Bekanntenkreis beobachten, dass oftmals in den ersten 12–15 Jahren den Kindern viel zu viele Freiheiten gewährt werden! Die Konsequenz davon ist dann leider, dass sie sich mit 14–16 Jahren nichts mehr sagen lassen und denken, sie seien erwachsen und „allwissend“ oder „allweise“.

Warum sage ich das alles? Der Grund ist, dass ich überzeugt bin, dass die Probleme, welche viele Eltern heute mit ihren Kindern im Umgang mit Medien, Handys und Gaming haben, ihren Ursprung bereits viel früher in der Erziehung haben, als von den meisten angenommen wird.

Wenn du nun denkst, es sei bei dir schon zu spät, dann sei nicht entmutigt, sondern bete viel für deine Kinder! Bitte Gott, sie zu überführen, zu retten und Einsicht zu schenken. Bitte sie um Vergebung wenn du in dem Bereich versagt hast, ihnen einen guten Umgang mit den Geräten beizubringen. Denke daran: Für Gott ist es nie zu spät! Er schafft Veränderung!

Für diejenigen, die noch keine Teenager im Haus haben, möchte ich ein paar Tipps oder Prinzipien weitergeben, die uns über die Jahre geholfen haben, für die Kinder im früheren Alter eine gesunde Grundlage für den Umgang mit Medien, Handys und co. zu schaffen. Auch wenn du mittendrin bist in der Erziehung, ist es niemals zu spät, dich mit deinem Kind hinzusetzen, ihm die Situation zu erklären und einige Dinge in deinem Haushalt anzupassen.

Prinzipien für den Umgang

1. Eine möglichst „magere Diät“ an Medien!

Unsere Kinder sind mittlerweile 18,16,13 und 8 Jahre alt. Bis sie 13 Jahre alt waren haben sie kaum Zeit am Computer oder Tablett verbracht. Manchmal durften sie ca. 30 min pro Woche am iPad spielen oder meistens einen Film pro Woche schauen.

Wenn es mehr wurde, beispielsweise bei Schulkindern, dann war es meist mit Lernen verbunden, also Mathelernspielchen, „Checker Tobi“ oder als Belohnung mal „Superbuch“, eine Trickfilmserie mit biblischen Inhalten.

Mit ungefähr 13 Jahren haben sie zunächst ein älteres Smartphone bekommen, darauf hatten sie nur WhatsApp installiert und das aber nur zum Gebrauch für die Schule und für zuhause. Dies durften sie aber nur maximal 10-15 min pro Tag nutzen, was durch Einschränkungen auf dem Smartphone eingestellt werden kann.

2. Lieber so früh wie möglich geistlich belehren!

Von Anfang an war die Belehrung durch tägliche Familienandachten und gemeinsam Gottes Wort auswendig zu lernen in unserer Familie sehr wichtig. Wenn wir glauben, dass allein Gottes Wort die Kraft hat, uns durch seinen Geist zu verändern, dann sollte es das Zentrum unseres Familienlebens sein.

Des Weiteren waren Gemeindebesuch, Dienst, Freundschaften zu Kindern aus der Gemeinde, guter Kontakt mit gläubigen Geschwistern, und das eigene in Gottes Wort und Gebet verwurzelt sein Dinge, die wir von Anfang an in den Kindern gefördert haben und uns auch bemüht haben, es selbst aktiv vorzuleben.

3. Vorbeugen ist besser als heilen!

Uns war es wichtig, bereits im frühen Alter immer wieder mit den Kindern über Themen zu sprechen, die mit der Mediennutzung verbunden sind. Beispielsweise, dass wir lernen die Zeit gut zu nutzen, dass diese Geräte in erster Linie Arbeitswerkzeuge sind und nicht zum blossen „Spass haben“ und selbstsüchtige Unterhaltung geeignet sind.

Entsprechendes muss man es natürlich auch vorleben, indem beispielsweise auch Papa und Mama keine Spiele auf ihren Handys haben oder nicht ständig am Handy hängen.

Zusätzlich war es uns wichtig ein Alternativprogramm zu bieten, öfter nach draussen an die frische Luft zu gehen, Zeit mit den Kindern zu verbringen und ihnen beizubringen, Bücher zu lesen.

Wir haben bewusst keine Playstation oder ähnliches in unserem Zuhause. Wenn dann erlauben wir unseren Kindern nur auf den iPads gelegentlich ein paar Spiele zu spielen. Dies soll bewusst nur auf Geräten mit grossem Bildschirm erfolgen, sporadisch sogar als ganze Familie, nicht auf dem kleinen Bildschirm des Handys, um zu verhindern, dass sie im Versteckten Spiele spielen.

Ab ans „Eingemachte“, irgendwann ist es soweit?

Eines Tages kommt der Zeitpunkt, ab dem man die Kinder auch an dieses Thema heranführen möchte. Blosse Isolation von allen Medien ist letztlich keine Lösung und wird bei den meisten nur das Gegenteil von dem bewirken, was wir als Eltern erreichen möchten. Aber wie sieht ein solches konkretes „Heranführen“ aus? Welche Prinzipien waren uns da wichtig?

Mit ungefähr 14 Jahren haben unsere Grossen ihr erstes Smartphone erhalten. Damit sie verstehen, dass dieses Ding die Macht hat, sie süchtig zu machen und sie von Gott wegzuziehen, haben wir folgende acht Prinzipien und Regeln für unsere Familie aufgestellt:

  1. Begrenzte Bildschirmzeiten: Wir haben von Anfang an feste Bildschirmzeiten festgelegt, welche durch einen Code geschützt sind, den nur wir Eltern kennen. Eltern, die sich nicht so gut mit Smartphones auskennen, müssen sich von jemandem Hilfe suchen, der die Funktionen zum Jugendschutz einstellen kann.
  2. Eingeschränkte App-Käufe und -Installation: Unsere Kinder können auch keine Apps kaufen oder installieren, ohne die Erlaubnis der Eltern. Hierzu gibt es bei Apple iPhone die „Family“ Funktion. Die Kinder müssen für jede Installation eine elektronische Bestätigung ihrer Eltern bekommen.
  3. Zu jeder Zeit Kontrolle möglich: Die Abmachung ist, dass Papa und Mama zu jeder Zeit ans Telefon des Kindes gehen dürfen. Es gibt nichts, was das Kind vor den Eltern verstecken muss. Kinder verstecken selten beispielsweise „Überraschungen“ für ihre Eltern oder Ähnliches. Meistens wenn es heisst „du darfst das nicht sehen“, ist es Sünde (Sprüche 18,1).
  4. Regelmässige Kontrollen durchführen: Wichtig ist, dass man auch tut, was man abgemacht hat, sonst wird man nicht mehr ernst genommen. Wir kontrollieren regelmässig die Telefone der Kinder, lesen ihre Chats, beobachten ihre Bildschirmzeit, ihren Verlauf und vieles mehr. Wir sprechen mit den Kindern darüber und loben sie wenn alles gut ist, oder thematisieren problematische Tendenzen, schränken bei Bedarf weiter ein wenn sie nicht treu sind.
  5. Klare Konsequenzen: Es ist wichtig, dass die Kinder über eventuelle Konsequenzen informiert sind und diese sehr klar und deutlich formuliert werden. Unsere Kinder wissen, dass wenn sie sich nicht an die Regeln halten, den Code knacken, oder in anderer Weise gegen die Regeln verstossen, die Einschränkungen entweder verschärft werden oder das Telefon für eine gewisse Zeit entzogen wird.
  6. Mobile Daten erst später: Mobiles Internet gab es erst ungefähr ein Jahr nachdem das Kind sein erstes Smartphone bekommen hat. So gab es eine Art „Probezeit“, in der sie nur über das häusliche W-LAN Zugang zum Internet hatten. Es geht darum, erst einmal zu beobachten wie sie mit der „neuen Freiheit“ umgehen. Erst wenn sie sich bewähren, werden ihnen mehr Freiheiten gewährt (Lukas 16,10). In diesem Jahr mussten sie das Buch: Wie dein Smartphone dich verändert lesen und aufschreiben, wie sie persönlich mit ihrem Telefon umgehen wollen.
  7. Keine Spiele auf dem Telefon: Das Smartphone ist ein Werkzeug und kein Spielzeug. Es soll zur Ehre Gottes und nicht zum Zeit verschwenden eingesetzt werden (Eph. 5,16). Entsprechend sind natürlich auch bei Papa und Mama auf ihren Telefonen ebenfalls keine Spiele zu finden!
  8. Das grundlegende Prinzip „ich möchte mich von nichts beherrschen lassen!“ (1. Korinther 6,12): Solange das Kind das Telefon und seinen Umgang damit kontrolliert, ist kein Eingreifen nötig. Sobald aber das Telefon das Kind zu kontrollieren beginnt, sind weitere Massnahmen, Gespräche und Einschränkungen bis hin zum Entzug nötig.

Zu Guter Letzt …

Unser ältester Sohn ist jetzt 18 Jahre alt und kennt nach wie vor seinen Bildschirmcode nicht. Tatsächlich möchte er diese Einschränkung weiterhin auf seinem Smartphone haben, damit er weniger versucht ist, zu viel Zeit zu verschwenden. Es ist nicht mehr nötig, sein Telefon oft zu kontrollieren, weil er mittlerweile selbst einen guten Umgang damit gelernt hat. Trotzdem könnten wir als Eltern immer noch jederzeit an sein Telefon gehen und er hätte kein Problem damit.

Aussagen wie: „Das geht dich nichts an“, oder „Du hast kein Recht“ zeigen eher auf, dass die Beziehung zwischen Kind und Eltern nicht gut ist. Unsere Kinder wissen, dass Gott uns Eltern die Pflicht der Aufsicht und der Erziehung auferlegt hat (Eph.6,4). Und dass wir daher sehr wohl ein Recht haben, auch über das Smartphone zu verfügen, da wir letztlich immer noch die Verantwortung für die Kinder tragen. Sie wissen, dass wir sie lieben und zu ihrem eignen Schutz für sie vieles „anders machen“ als in der heutigen Gesellschaft „normal“ ist. Sie wissen, dass wenn sie es leicht haben und Freiheiten geniessen wollen, sie sich dementsprechend verhalten müssen.

An dieser Stelle ist es wichtig zu betonen, dass der Umgang mit dem Smartphone zu Gottes Ehre nur in einem Rahmen vermittelt werden kann, in dem auch andere Bereiche der biblischen Kindererziehung erklärt, ausgelebt und praktiziert werden.

Das bedeutet auch, regelmässig Zeit mit den Kindern zu verbringen, ihnen Gottes Wort zu lehren oder mit ihnen viele jüngerschaftliche Gespräche zu haben. Wenn das Kind denkt, es gäbe nur Regeln den Regeln zuliebe und die Eltern sind einfach nur stur und streng, werden die Kinder rebellisch. Wir reizen sie dadurch zum Zorn und das wäre nicht gut. Wenn es aber die Liebe der Eltern spürt, sieht und weiss, warum die Eltern bestimmte Freiheiten für sie einschränken, dann lassen sie sich viel leichter führen.

Letztlich bleibt natürlich zu betonen, dass kein Elternhaus perfekt ist und wir alle viel Gnade von unserem Herrn benötigen. Nur Er kann uns letztlich die nötige Weisheit geben, um mit den Herausforderungen unserer Zeit, wie eben auch mit dem Smartphone, in der richtigen Art umzugehen und diesen richtigen Umgang auch unseren Kindern zu vermitteln.

1. Korinther 10,31: „Ob ihr nun esst oder trinkt oder sonst etwas tut — tut alles zur Ehre Gottes!“

Buchempfehlungen der Autoren:

The Disciple-Making Parent von Chap Bettis (nur in Englisch erhältlich, z. B. auf Amazon):

Wie dein Smartphone dich verändert von Tony Reinke:

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